Klimaschädliche Methan-Leaks in Österreich dokumentiert

Fotocredit Titelbild: Mitja Kobal / Greenpeace

Methan ist ein farbloses Gas, das mit bloßem Auge unsichtbar und um das 25-fache klimaschädlicher als CO2 ist. Mit hochspezialisierten Infrarotkameras kann Methan jedoch dokumentiert werden. Greenpeace hat jetzt erstmalig in Österreich dokumentiert, dass an drei Zentralen Standorten der heimischen Öl- und Gasindustrie – dem Gas-Connect Knotenpunkt Baumgarten, der Borealis & OMV Raffinerie Schwechat, sowie an der OMV Gasstation Aderklaa – verdächtige Methan-Ausströmungen vorhanden sind und somit das höchst klimaschädliche Gas ungehindert in die Atmosphäre entweicht.

Was ist fossiles Gas?

Gas ist ein fossiler Brennstoff, der oftmals zusammen mit Öl aus unterirdischen Lagerstätten gefördert wird. Dabei besteht fossiles Gas zu einem Großteil aus Methan (85% Prozent Anteil und höher). Je nach Fördergebiet variieren die Bestandteile des Gases und es werden teilweise zusätzliche Anlagen benötigt, um Methan anzureichern und in das Gasnetz einzuspeisen. Neben dem Hauptanteil Methan kann fossiles Gas auch weitere Bestandteile wie Propan, Ethan, Koh­lendioxid, Stickstoff und flüchtige organische Verbindungen (VOCs) enthalten.

Gas spielt in Österreich nach wie vor eine bedeutende Rolle im Energiemix. 21,8% des österrei­chischen Brutto-Inlandsverbrauchs im Bereich Energie werden mit Gas gedeckt. Zusammen mit Öl (36,7%) und Kohle (8,2%) beträgt der Anteil fossiler Energieträger damit rund 67%. Die Ver­brennung der fossilen Energieträger stößt hohe Mengen an CO2-Emissionen aus und treibt somit die Klimakrise voran.

Greenpeace dokumentiert unkontrollierte Emissionen an österreichischen Öl- und Gas-Standorten

Erstmalig macht Greenpeace mit Hilfe einer hochspezialisierten FLIR Infrarot-Kamera des Mo­dells Flir GF320 den unkontrollierten Austritt höchst klimaschädlicher und potentiell gesund­heitsschädlicher Emissionen an Öl- und Gas-Standorten in Österreich sichtbar. Die Kamera, die dabei zum Einsatz gekommen ist, wird auch im Zuge internationaler Recherchen zum Thema Methan-Leaks (unter anderem der New York Times) und von Branchen-Insidern genutzt. Mit bloßem Auge nicht zu erkennen, macht die Kamera das unsichtbare Klimagift auch für das menschliche Auge sichtbar. Das investigative Team von Greenpeace CEE dokumentierte die unkontrollierten Emissionen zu zwei unabhän­gigen, zufällig gewählten Zeitpunkten an der Gasstation Aderklaa, dem Gas Connect Knoten­punkt Baumgarten sowie einmalig am Borealis- und OMV-Standort in Schwechat.

OMV-GASSTATION ADERKLAA

Zentrale Entdeckungen bei der Greenpeace Recherche zeigten sich in Aderklaa. Teilweise wurde das austretende Gas abgebrannt, jedoch nicht voll­ständig, was zu bedenklichen Rückständen von Methan, Feinstaub, Kohlenmonoxid oder flüch­tigen, organischen Verbindungen (VOCs) führen kann. Zusätzlich ist auf den Aderklaa-Bildern im rechten Bereich ein Schlot erkennbar, aus dem Kohlenwasserstoffe – dazu zählen das klima­schädliche Methan, aber auch VOCs, die gesundheitsschädigend wirken können – austreten. Dieser ist bei der Nahaufnahme in Aderklaa erkennbar. Vor allem die Panorama-Aufnahmen zei­gen, dass die Emissionen teilweise weite Distanzen zurücklegen und dabei immer noch deutlich erkennbar bleiben. Das bedeutet, dass je nach Wetterlage und genauer Zusammensetzung der Austritte, diese Emissionen negative Konsequenzen sowohl für Tier- und Pflanzenwelt als auch für die Menschen in der Umgebung haben können. Es ist davon auszugehen, dass diese Emissi­onen sowohl zur Klimazerstörung beitragen, als auch die Luftqualität der unmittelbaren Umge­bung verschlechtern.

RAFFINERIE OMV & BOREALIS

In Schwechat wurde dokumentiert, wie Gas abgebrannt wurde, jedoch auch an diesem Standort nicht vollständig. Was dem Auge verborgen bleibt, zeigt die Kamera auf: Die Emissionen legen teils weite Distanzen zurück und bleiben dabei immer noch deutlich erkennbar. Das bedeutet, dass von substantiellen Mengen an Austritt auszugehen ist und die Emissionen, abhängig von Wetterlage, auch direkte Auswirkungen auf die Umgebung haben können. Ebenfalls zeigt die Analyse des Standorts Ausströmungen, die mit dem bloßen Auge nicht erkennbar sind. Ein Indiz, dass es sich auch hierbei um klimaschädliche Emissionen wie Methan handelt. Aber auch am Boden wurde das Greenpeace-Team fündig. Offensichtlich treten auch hier schädliche, fossile Gase aus, wobei sich die direkte Quelle nicht aus den Bildern erschließen lässt.

GASKNOTENPUNKT BAUMGARTEN

Der von der Gas Connect (bis 23.09.2020 51% Anteil OMV, jetzt 51% Anteil Verbund) betriebene Gasknotenpunkt Baumgarten zeigt ebenfalls unvollständig und nicht verbrannte Gase, sowie fragwürdige Ausströmungen, die mit bloßem Auge nicht erkennbar sind. Ebenfalls konnten Gase erkannt werden, die nur unzureichend verbrannt wurden, damit in die Atmosphäre austreten und somit Klima und Umwelt schädigen können.

Problematik: Gas-Verbrennung

Bei der Verbrennung von Erdgas wird das Methan (CH4) zu Kohlendioxid (CO2) und Wasser­dampf (H2O) umgewandelt. Sowohl Methan als auch Kohlendioxid sind stark wirksame Treib­hausgase, die maßgeblich die menschengemachte Klimakrise verursachen. Konkret hat CO2 aus fossiler Verbrennung und Industrieprozessen 65% Anteil und Methan 16% Anteil an allen men­schengemachten klimaschädlichen Gasen. Wird Gas also verbrannt, um z.B. Wohnungen zu heizen oder Strom zu erzeugen, entsteht CO2, das die Klimakrise vorantreibt. Dabei ist Gas in Österreich auf dem Vormarsch: Seit 1990 ist der Verbrauch um +54% gestiegen. Teilweise wird Öl durch Gas ersetzt, und die fossile Industrie argumentiert, dass Gas deutlich “klimaschonender” sei als Öl oder auch Kohle. Wird nur die Verbrennung im Kraftwerk betrachtet, stimmt das auch – Gas produziert dort nur halb so viele Treibhausgase wie Kohle. Allerdings wird in dieser Be­trachtung die große Problematik der Methan-Leaks ignoriert.

Problematik: Methan-Leaks

Viel dramatischere Klimaschäden verursacht der Klimakiller Gas nämlich, wenn er unverbrannt direkt als Methan in die Atmosphäre gelangt. Methan wirkt 25x (gemessen auf 100 Jahre) und sogar 85x (gemessen auf 20 Jahre) klimaschädlicher als CO2 in der Atmosphäre. Dies passiert, wenn das Gas durch Leaks bei Förderung aus dem Boden, Transport über hunderttausende Ki­lometer oder Lagerung in Tanks unkontrolliert entweicht – oder zum Teil wenn Methan sogar absichtlich abgelassen wird. Neben den Ablassen wird es auch teilweise ohne energetischen Nutzen verbrannt, wodurch es sich unter anderem zu CO2 umwandelt. Das Abfackeln bzw. das Ablassen wird vor allem dann eingesetzt, wenn den Firmen eine Nutzung der Erdöl-Begleitgase nach den Erfordernissen der Technik zu aufwendig bzw. aufgrund niedriger lokaler Marktpreise nicht luk­rativ erscheint.

Globaler Klimakiller Methan

Die Methan-Konzentration in der Erdatmosphäre steigt: Die jährlichen Methan-Emissionen haben sich im Zeitraum 2000–2006 um durchschnittlich 50 Millionen Tonnen pro Jahr erhöht. Haupttreiber sind die Landwirtschaft mit der intensiven Tierhaltung und die fossile Gasindustrie. Vergleicht man die Emissionen aus dem fossilen Sektor – inklusive undichter Gasfelder und brüchiger Pipelines – im Zeitraum 2000–2006 mit dem Jahr 2017 zeigt sich eine Steigerung um 17%. Die Methan-Emissionen sind somit auf einem Rekordhoch und haben sich gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter um das 2,5-Fache gesteigert. Ein kürzlich erschienener Artikel im Fachmagazin “Nature” geht noch weiter und geht von einer Unterschätzung der vom Menschen verursachten Methan-Emissionen von 25-40% aus.

Situation in Österreich

In Österreich ist Methan mit 8,2% Anteil aller menschengemachten Treibhausgase Klimakiller Nr. 2 nach CO2. Es entsteht auf Deponien, in der Landwirtschaft und Viehzucht, aber auch durch unbemerkten Austritt in der Gas-Infrastruktur. Letztere Emissionen sind Methan-Leaks bei Öl- und Gasförderung und dem Erdgasnetz zuzurechnen und betragen umgerechnet in CO2-Äquiva­lente 244.200 Tonnen CO2 (0,24 Mio Tonnen). Das ist so viel, wie rund 125.000 Autos pro Jahr an klimaschädlichen Emissionen verursachen und damit nur etwas weniger als die gesamte PKW-Flotte der Stadt Graz.

Kritisch anzumerken ist nicht nur, dass auch hierzulande die Daten großteils nur auf Schätzungen, u.a. durch die Industrie selbst, beruhen, sondern auch, dass die Methan-Emissionen nur mit dem Faktor 25 multipliziert werden, um sie in Relation zu CO2 zu setzen, nicht mit dem Faktor 85, der das Treibhausgas-Erhitzungspotenzial für die nächsten kritischen 20 Jahre (statt 100 Jahre) beziffert.

Die OMV gibt an, im Jahr 2019 49.376 Tonnen an Methan-Emissionen (Nachhaltigkeitsbericht, S. 136) verursacht zu haben, in CO2-Äquivalente umgerechnet sind das 1,23 Mio. Tonnen pro Jahr. Das ist so viel wie 630.000 Autos pro Jahr verursachen, was knapp weniger als allen in Wien zugelassenen PKW entspricht.

Dabei sind dies Emissionen, die ausgestoßen werden, ohne auch nur den geringsten Nutzen zu erfüllen. Zwar ist die OMV bestrebt, diese Leaks zu schließen, doch an der Ernsthaftigkeit dieser Bestrebungen, sowie deren technologischer Umsetzungsmöglichkeit, darf gezweifelt werden: In den letzten drei Jahren kam es jährlich zu einem Anstieg der Methan-Emissionen. Die Borealis AG, in deren Verarbeitungsprozessen Gas abgebrannt wird oder das klimaschädliche Gas auch unbemerkt austritt, ist entsprechende Zahlen dazu schuldig.

Gas ist keine klimafreundliche Lösung

Gas ist um ein Vielfaches klimaschädlicher, wenn man seinen gesamten Verwendungszyklus betrachtet. Das Entweichen von Methan entlang der Produktionskette ist unberechenbar und frisst den vermeintlichen Vorteil einer klimaschonenden Verbrennung vollständig auf. Zusätzlich sind Begriffe wie “klimafreundlich” im Zusammenhang mit Gas irreführend und täuschend. Die Methan-Austritte entlang der Produktionskette sind unberechenbar und in der Verbrennung von Gas werden immer klimaschädliche Emissionen entstehen. Ähnlich wie eine Zigarette durch ei­nen Filter nicht “gesundheitsfreundlich” oder “gesundheitsschonend” wird, werden fossile Brenn­stoffe wie Gas niemals dem Klima zuträglich sein.

Investitionen in weitere Gas-Infrastruktur müssen gestoppt werden, denn sie zementieren ein höchst klimaschädliches Geschäftsmodell für die nächsten Jahrzehnte ein, blockieren Investiti­onen in andere, erneuerbare Energiesysteme und machen die Erreichung der Pariser Klimaziele – und damit die Rettung des Klimas – unmöglich. Für ein echtes klimafreundliches Energiesys­tem brauchen wir Investitionen in erneuerbare Energien – allen voran Solar- und Windenergie, sowie Batteriespeichertechnologie, elektrische Antriebe, Wärmepumpen und Einsatz von Ge­othermie.

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